Gestern früh wurde die Wohnung des Inhabers der Domain wikileaks.de durchsucht. Angeblich steht dieses Vorgehen, das ich gerne als "Einschüchterung von Zensurkritikern" betiteln möchte, in Zusammenhang mit den Bemühungen der deutschen Familienministerin Ursula von der Leyen eine umfassende Sperre von Webseiten für deutsche Bürger/innen einzuführen.
Natürlich kam auch wieder der argumentative Totschläger "Kinderpornografie" zum Einsatz. Dem Inhaber wird vorgeworfen, an der Verbreitung kinderpornographischer Schriften mitgewirkt zu haben. Dies zielt mit ziemlicher Sicherheit auf die geheimgehaltene australische ACMA Sperrliste ab, die vor kurzem auf Wikileaks veröffentlicht wurde.
Sollte dies wirklich der Fall sein, dann ist das mehr als nur ein böses Omen für die Meinungs- und Redefreiheit in den westlichen Demokratien. Wenn bereits Personen verfolgt werden, die nur die Freiheit und Transparenz des Internet erhalten wollen, dann hat die Zensur bereits das Medium Internet verlassen und greift auch in unser tägliches Leben ein.
Ein Dilemma bleibt für alle die, die Liste spiegeln wohl erhalten: Wie rechtfertigt man den Besitz bzw. die Verbreitung gegenüber der breiten Masse, wenn die Liste unter anderem sehr wohl Verweise auf noch immer verfügbares kinderpornografisches Material enthält?
Jeden Verweis prüfen und sich damit möglicherweise dem Vorwurf des Konsums eben solchen Materials aussetzen?
Nur anhand der URLs eine Analyse durchführen ob hier wirklich keine regierungs- oder systemkritischen Seiten gesperrt wurden?
Für mich bietet dies nur einen langfristigen Ausweg: Keine Zensur und keine Sperre im Internet, dadurch auch keine Sperrlisten, die an die Öffentlichkeit gelangen können (und das werden sie auch weiterhin immer!), dafür aber verstärkte Verfolgung der Hersteller und Profiteure von Kinderpornos! Wenn die Quellen für solches Material einer Rechtssprechung zugeführt werden, ist damit auch die Frage nach Sperren obsolet.